Der Balkan, Teil 2

Der Balkan, Teil 2

Der Balkan Teil 2: Ein Zehntel ist geschafft!

Rund 2000 Kilometer habe ich bisher zurückgelegt. Das Ganze jetzt mal zehn und ich bin in Kapstadt. Geht eigentlich viel zu schnell, oder?

24.08.2015, Obrovac – Tisno, 84 Kilometer
25.08.2015, Tisno – Kastel Stafilic, 95 Kilometer
26.08.2015, Kastel Stafilic – Mali Rat, 35 Kilometer
27.08.2015, Mali Rat – Blace, 110 Kilometer

Die Jugend von heute…

Nach meinem ungewollt erschlichenen Besuch im Nationalpark Plitvice übernachte ich in Obrovac, dort bekomme ich auf Nachfrage von zwei netten Polizisten einen Schlafplatz auf einem Spielplatz zugewiesen. Allerdings warnen mich die beiden vor Kindern, die eventuell dort spielen und schreien und mich beim Schlafen stören könnten. Auf einem Spielplatz. Damit hätte ich nun gar nicht gerechnet. Frechheit.
Trotz dieser Warnung entschließe ich mich kühn, das Risiko einzugehen. Abends, es ist bereits dunkel und mein Zelt steht schon bereit, mache ich tatsächlich Bekanntschaft mit dieser Spezies spielende Kinder. Ich grüße die vier Jungs, schätzungsweise zwischen 8 und 12, und bekomme vier schüchterne Grüße und ein bisschen Gekicher zurück. Die Jungs beobachten mich ein bisschen verstohlen wie ich meine Sachen zusammenpacke und ins Zelt räume und kurz bevor ich fertig bin kommt ein leises „Excuse me…?“ von dem Ältesten der vier. Ob es mich stören würde wenn sie dort noch ein bisschen sitzen würden? Wenn ich nicht schlafen könnte würden sie auch woanders hingehen. Jetzt bin ich aber wirklich baff. Klingt ja fast als wären die von den Bullen gebrieft worden. Kann ich mir aber nicht vorstellen. Die sind einfach tierisch nett. Ich frage welche Stadt in Kroatien den Jungs am besten gefällt. „SPLIT!“ ruft es wie aus einem Munde. Was denn an Split so cool sei will ich wissen. „Hmm….najaaa…Split ist halt einfach cool!“ Aha, na jetzt ist ja alles klar. Obwohl ich vor 2 Jahren schon einmal kurz in Split gewesen bin, nehme ich mir vor mich diesmal dort ein bisschen mehr umzugucken.

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Endlich am Meer!

Am nächsten Tag erwartet mich eine wahnsinnig tolle Etappe durch das kroatische Binnenland. Es wird zunehmend mediterraner. Weite Felder, dann wieder Hügel und schroffe Felsformationen, die wenigen kleinen, urigen Dörfer auf der Strecke liegen bis zu 20 Kilometer auseinander, dazwischen ist nichts. Es ist alles sehr grün, aber nicht mehr so saftig-Kuhdorf-grün wie noch in Österreich oder Slovenien, sondern schon etwas mediterran angedörrt. Rot-, Braun- und Ockertöne mischen sich langsam aber sicher dazu. Gegen Mittag fahre ich durch eine Ebene, links und rechts der Straße wachsen hohe Gräser, dazwischen liegen einzelne große und kleine, scharfkantige Felsbrocken verteilt. Es sieht schon fast arrangiert aus. Wie Ausstellungsstücke in einem Museum, ganz so als sei man herzlich eingeladen, ein wenig umherzuschlendern und jeden Felsbrocken genau zu studieren.
Ohne schlechtes Gewissen schlage ich die Einladung aus, mir erscheint nämlich etwas anderes gerade noch deutlich einladender. Das Meer.

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Bis dahin dauert es aber noch ein bisschen, die Wartezeit vertreibe ich mir ganz pragmatisch mit ein bisschen in die Pedale treten. Immer häufiger sehe ich jetzt am Straßenrand kleine improvisierte Stände, an denen Honig und Käse angeboten wird. Ausschließlich Honig und Käse. Das scheinen hier so die typischen kroatischen Spezialitäten zu sein. Ich fahre bestimmt an sechs oder sieben solcher Stände vorbei, bis ich mich doch durchringe, trotz meines beschränkten Budgets hier einmal zuzuschlagen. So nen richtig leckeren Käse, das kann ich mir dann doch nicht verkneifen.
Ich fahre an diesem Nachmittag „oben ohne“, mein im Vergleich zu den Armen schneeweißer Oberkörper soll ja auch mal ein bisschen Sonne abkriegen. Aber ein bisschen peinlich ist es mir schon. Fehlt nur die Dose Bier und die Adiletten denke ich… kurz bevor ich an dem auserwählten Honig-und-Käse-Stand anhalte ziehe ich also noch schnell hektisch das T-Shirt über. Der alte, hutzelige Bauer, der dort auf Kundschaft wartet hat es trotzdem noch gesehen. Und lacht mich an. Oder aus? Keine Ahnung. Ich frage ihn was für ein Käse das sei, den er da verkaufe. Er zeigt auf den Preis. Ok, also der versteht schon mal kein Wort Englisch, dafür weiß ich jetzt, dass für den Käse fast mein komplettes Tagesbudget draufgehen wird. Ich zeige auf den Käse, halte mir die Zeigefinger wie zwei Hörner an den Kopf und meckere ein bisschen fragend. Ich mag nämlich keinen Ziegenkäse. Jetzt lacht der Alte mich tatsächlich aus und schüttelt den Kopf. Er holt ein Schild hervor, auf dem eine Kuh, ein Schaf und eine Ziege abgebildet sind, und so bekommen wir nun auch die unterschiedlichen Käsesorten zugeordnet.

Das letzte Stück bis zur Küste fordert mich jetzt noch einmal richtig heraus. Drei Bergkämme muss ich noch überqueren, es ist brütend heiß und die letzten 20 Kilometer richtet mir auch noch eine ordentliche Brise die verschwitzte und zerzauste Frisur. Immer wieder bergauf, ich fiebere dem Ende der Steigung entgegen, jetzt, da hinter der Kuppe muss doch jetzt gleich das Meer zu sehen sein…und….nein, nur schon wieder der nächste Anstieg. Wieder nix. Als ich endlich am Meer ankomme bin ich fix und fertig. Aber ich bin am Meer. Herrlich, sich in die kühlen Fluten zu stürzen!

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Das Geburtstagsessen

Es ist mein Geburtstag und heute Abend gönne ich mir mal richtig was. Und morgen mache ich nen Tag frei. Schön am Meer rumhängen, sonnen, schwimmen, lesen, Tagebuch schreiben. Super. Ich suche mir also abends schon einen Platz am Strand, finde eine Stelle wo kaum was los ist, nur an einer etwa 300 Meter entfernten Bucht scheint eine kleine Bar zu sein, ich sehe dort bunte Lichter und der Wind trägt ab und zu ein bisschen Musik herüber. Ich schiebe das Fahrrad durch den Kies bis zu der Bar und frage ob es jemand stören wird, wenn ich am Strand mein Zelt aufschlage. Natürlich wird es niemand stören. Zum Dank für diese Auskunft ordere ich gleich noch eine Pizza und ein Bier.

Irgendwie fühle ich mich danach furchtbar vollgefressen. Scheinbar ist mein Magen nach drei Wochen Haferflocken einfach nicht mehr so fettiges Zeug gewöhnt. In der Nacht wache ich mehrfach auf, mittlerweile ist mir richtig schlecht. Ich versuche es zu ignorieren und weiterzuschlafen aber irgendwann geht es nicht mehr und ich befördere die Pizza, mutmaßlicher Urheber allen Übels, auf demselben Weg, auf dem sie gekommen ist wieder hinaus. Was haben die mir da aufgetischt? Soviel zu „heute gönne ich mir mal was“, denke ich noch, bevor ich endlich, morgens um vier, richtig einschlafe.

Der nächste Tag ist im Arsch, mir geht es immer noch richtig übel. Die Sonne macht mich in dem Zustand nur noch zusätzlich fertig. Ich baue mir aus meiner Zeltunterlage einen kleinen Sonnenschutz indem ich sie über das Fahrrad spanne und vegetiere im Schatten vor mich hin. Irgendwann kann ich mich mit Mühe und Not dazu aufraffen mir einen Kamillentee zu kochen und ein bisschen trockenes Brot dazu zu kauen. Erst nachmittags fühle ich mich wieder einigermaßen in der Lage, irgendetwas anderes als Herumliegen zu unternehmen und springe ins Meer um meinen Kreislauf wieder ein bisschen anzukurbeln. Den ganzen Tag laufen an der Bar superschlechte Cover-Versionen und Remixe von aktuellen Chart-Hits. Außerdem liegen hier überall ziemlich fies müffelnde Algenansammlungen rum. Es kommt mir vor als würden sämtliche meiner Sinne hier nur noch malträtiert, ich muss weg hier. Ich hab auch schon wieder Bock auf Fahrrad fahren, nur meine Kräfte sind irgendwie dahin. Ich schleppe mich 35 Kilometer weiter und schlage mein Lager wieder direkt am Strand auf. Diesmal ohne nervige Musik und mit altbewährter Kost. Brot und Oliven. Gute Nacht. 🙂

 

7 Gedanken zu “Der Balkan, Teil 2”

  1. Hallo Dominik!
    Wir haben uns abends in dubrovnik gesehen. Ich bin der mit dem Tandem 😉
    Sitzen gerade kurz vor der mazedonischen Grenze und lesen bissl deinen block! Macht viel Spaß! Hoffe du konntest albanien genauso genießen wie wir! Haben hier mega gute Erfahrungen mit den Leuten gemacht, die so freundlich und hilfsbereit sind wie in keinem anderen Land in dem wir fahrrad fahren waren. Unsere Tour ist bald zu Ende und bissl beneiden wir dich, dass dein Abenteuer noch was länger geht! Wünsche dir viele nette Begegnungen und vor allem asphaltierte Straßen die eher abwärts als aufwärts gehen!
    Lieben Gruß von judith und david

  2. Lieber Dominik,
    meine Frau und ich verfolgen vom Beginn Deiner Reise an Deine Blogs mit viel Interesse und finden nicht nur das, was Du erlebst, toll, sondern auch den humorvollen und z. T. selbstironischen Stil, wie Du Deine Erlebnisse mitteilst. Mit einer guten Portion Humor kann man sicher auch einige Durchhänger ganz gut meistern. Wir wünschen Dir ein gutes Durchhaltevermögen ohne gar zu viele gesundheitliche Tiefs (eine halbe Nacht Übelkeit ist ja noch zu verkraften) und viele weitere nette Begegnungen auf Deinem Weg. Wenn ich es richtig sehe, befindest Du Dich z. Zt. in der Gegend von Tirana und kannst vielleicht sogar verstehen, weshalb viele Albaner ihr Land verlassen.
    Immer genügend Luft in den Reifen und viele Grüße
    Uwe Petersen

  3. Mensch Domi, kommt wohl davon wenn man so dekadent den Geburtstag feiert…

    Bin ab übermorgen in Kroatien und habe schon gehofft dass wir uns über den Weg laufen. Aber du bist einfach zu schnell!

    Halt die Ohren steif und mach weiter so!

  4. Hi Dominik,

    herzlichen Glückwunsch nachträglich! Zu Deinem Speih-Erlebnis: Vielleicht wars ja auch der Käse!! 🙂
    Und denk dran: Ab jetzt immer schön dick eincremen morgens, die UV-Strahlung die Du tagtäglich im Freien abbekommst ist sicher nicht von schlechten Eltern….weiterhin ne joode Zick!

  5. Hey,
    ich bin gerade zurück aus Kroatien. (Umag) Deine Beschreibungen der Gegenden ist einfach prima! Ich sehe und rieche die Bilder noch.
    Die einsamen kilometerlangen Straßen bin ich leider nur mit dem Auto gefahren. Aber da ich auch viel und gerne mit dem Rad unterwegs bin, kann ich mir sehr gut vorstellen, wie traumhaft schön es sein muss, dort einmal langzuradeln.
    Ich wünsche dir noch eine tolle Tour. Und immer genug Luft in Reifen und Lunge. Hast ja noch ein paar Kilometer. ; -)

  6. Dominik!
    Weiter so. Wir verfolgen Dich wohlwollend über Deine ganze Reise im Netz.
    Spannend. Und toll!
    Auf Facebook werden es auch immer mehr!
    Ralfo +Familie

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